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Wir sind Glitzer – ein Fazit zum ersten CSD im Zollernalbkreis

Mittlerweile ein wenig ausgeschlafen, muss dann doch noch etwas geschrieben werden. Nach unzähligen Pressemitteilungen, Dienstplänen und vielem weiterem fehlt nun nach der Veranstaltung noch ein Fazit. Da die Presse und auch Radio und Fernsehen bereits voll mit Berichten zum CSD in Albstadt waren, soll es jetzt noch ein eher persönliches Fazit werden:

Es gibt sehr viele Geschichten rund um den ersten CSD im Zollernalbkreis, die es wert wären, erzählt zu werden. Sei es der Ordner, der seine Binde am liebsten mit Nachhause genommen hätte, weil ihm der Job so viel Spaß gemacht hat. Oder der Oberbürgermeister, der ganz uneitel und ohne Pressebrimborium auf einmal interessiert und gut gelaunt auf der Queerparty stand. Oder der Markus der zu einem Matthias wurde. Oder eine dem CSD kritische Albstädterin die auf einmal meinte, dass da ja nur ganz liebevolle und lustige Menschen wären – surprise. Oder diejenigen, die nur gekommen waren um möglichst viele Selfies zu ergattern.  Oder der alte Freund, dem das Ganze eigentlich zu Bunt ist, der aber einen Bekannten traf und sich gemeinsam mit diesem freute, dass dieser nun Kleider trägt. Oder auch die ganzen Stimmen, die besorgt waren, ob man so eine Veranstaltung mit diesen „Organisatoren“ überhaupt hinbekommen kann. Es sei festgehalten: die Organisatoren haben den CSD gerockt.

Ich erinnere mich noch gut, als ich vor ein paar Monaten das erste Mal mit dem ehrenamtlichen Orgateam des ersten CSDs im Zollernalbkreis zusammen saß. Ein kleiner, bunter Haufen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Alter zwischen 16 und 24 Jahren. Und ich halt. Es ist unglaublich, was dieses Team auf die Beine gestellt hat. Waren ursprünglich 50-80 Teilnehmer im Blickfeld, wuchs und wuchs das Ganze immer weiter.  Durch die gestiegenen Anforderungen wurde vieles auch teils sehr kontrovers und hitzig diskutiert (was natürlich professionelle Fazit-Schreiber an dieser Stelle niemals zugeben würden). Wie sich aber nun nach der Veranstaltung zeigt, war dies wichtig, richtig und gut. Ich möchte gar sagen: „unbändig gut“. Nur so konnten wir es als Team hinbekommen, weit über 400 Teilnehmer am CSD in Albstadt zu handeln und zu keinem Zeitpunkt den Überblick zu verlieren.

Zu diesem Orga Team stießen bei der Veranstaltung viele weitere, liebe ehrenamtliche Helfer dazu die entweder als Ordner, als Springer oder auch in der Gastro unglaublich großartige Arbeit verrichteten um die Veranstaltung zu einem für uns so riesigen Erfolg werden zu lassen. Danke, Danke Danke euch allen. Aus vollstem Herzen.

Der erste Versuch vor 10 Jahren im Landkreis einen CSD zu feiern lief leider schief – wohl geschah  es damals, wenn man dem Internet glauben darf, das Sponsoren geprellt wurden. Entsprechen war uns klar, dass wir die Veranstaltung „Spitz auf Knopf“ rechnen müssen da potentielle Sponsoringpartner dem CSD eher kritisch entgegen sehen würden. Durch persönlich Kontakte gelang es uns, alles was wir zum umsetzen des Events brauchen, stark vergünstigt zu bekommen. Hier möchte ich vor allem den lieben Elisha und seine Firma „Show + Media Design“ hervorheben, ohne deren phantastische Bühnen- und Lichttechnik es sehr still geblieben wäre in Albstadt.

Naja, und dann die Gäste: junge und ältere, wundervolle, wunderhübsche, großartige Menschen aus Albstadt, der umliegenden Region und sogar auch aus Berlin und FFM waren auf dem Albstädter Bürgerturmplatz zu Gast. Mir fehlen immer noch die Worte um zu beschreiben, wie phantastisch es für uns alle vom Team war, euch live und kunterbunt zu sehen. Vielen lieben Dank an jede*n einzelne*n, die oder der friedlich mit uns gemeinsam geredet, gelacht und gefeiert hat. Ob aus der Stadtgesellschaft, der Politik oder auch nur so ganz privat. So sollte Pride sein. Nein: so muss Pride sein.

Die Ordnungsbehörde der Stadt Albstadt und die Polizei waren auch vor Ort. Aber sehr zurückhaltend, fast unauffällig. Gerade die Polizei, mit der wir die letzten zwei Wochen eng zusammen gearbeitet haben, meinte im Vorfeld: “wir wollen auch, dass der CSD möglichst bunt wird. ‘Blau’ soll dabei nicht die alles beherrschende Farbe sein.” Nachdem vor Ort bei uns schnell klar war, dass wir ausschließlich liebe Menschen auf dem Platz haben, wurden die Beamten vor Ort noch zurückhaltender. Ausdrücklich wollen wir uns und auch ich mich persönlich bei der Stadt Albstadt und der hiesigen Polizei für die angenehme, professionelle und zu jeder Zeit wohlwollende Zusammenarbeit bedanken!

Über unsere Redner wurde bereits an anderer Stelle viel gesagt. Mich persönlich haben sie alle miteinander sehr bewegt. Kein einziger Beitrag, bei dem man gehofft hat, dass der Erzähler doch nun endlich ein Ende finden sollte. Gebannt wurde den Geschichten von allen Anwesenden gelauscht und applaudiert.

Und zu der Queerparty im Anschluss muss nur noch eins gesagt werden: wir hatten Glitzer!

Das Medieninteresse am ersten CSD bei uns im eher ländlichen Raum war immens. Ich mache mir da nichts vor: das liegt natürlich an der allgemeinen, politischen Großwetterlagen. Normalerweise schaut die Tagesschau ja immer nur vorbei, um irgendwas Schlimmes berichten zu können. Umso mehr freut es uns alle dafür gesorgt zu haben, dass die ganzen Medienteams bei unserer Kundgebung und der anschließenden Party nur lächelnde, nette und fröhliche Menschen erblicken konnten. Wir haben ein tolles Bild für Albstadt abgegeben. Zumindest wir.

Damit komme ich zu einem eher doofen Thema: verschweigen will ich nicht die eher unangenehme Seite des ersten CSDs hier. Großartig angekündigt, angezogen wie Schmeissfliegen, hatten sich gestern die „bösen rechtradikalen Jungs“, die sich zur Aufgabe gemacht hatten, Rechtschreibproblematiken in ihrer sogenannten „Gegendemonstration“ eine Plattform bieten zu wollen, am Ebinger Rathaus getroffen. Schlussendlich waren es 40, 50 missmutig dreinblickende, schweigefuchszeigende Rechtsextreme. Ein „Mückenschiss“ verglichen mit der wohl angemeldeten Demogröße.

Auf der anderen Seite haben sich offensichtlich gewaltbereite Antifagruppen, verstärkt durch lokale Akteure gesammelt, die meinten, unseren CSD am besten „beschützen“ zu können, indem man sich mit der Polizei prügelt und in dessen Folge eingekesselt wird. Ich muss persönlich sagen, dass ich dies nicht nur sehr traurig und dämlich sondern auch, was so eine Veranstaltung im Gesamtkontext angeht, sehr kontraproduktiv empfinde. 150 waren es wohl, die besser mit uns friedlich mitgefeiert hätten um der queeren Community ein noch größeres Bild der Solidarität zu schenken.  Insgesamt kam es bei den Rechtsextremen und den Linksextremen wohl zu einigen Anzeigen, leichteren Verletzungen und der sicherlich internen Selbstversicherung, natürlichen wieder einmal „alles richtig gemacht zu  haben“. Nun gut, das Wort „dämlich“ habe ich ja bereits geschrieben was mich dazu bewegt, nur noch ein seufzendes “Schade” hintenan zu stellen.

Für den von uns zu verantwortenden zu jedem Zeitpunkt absolut friedlichen und fröhlichen CSD kann ich nur sagen: mit Gewalt und Aggression hatten und haben wir nicht zu tun: ich und wir distanzieren uns von derartigem Handeln – egal von welcher politischen Seite.

Sodele. Und wie geht es jetzt weiter? Ich muss ehrlich sagen: ich weiss es nicht. Machen wir von Immerwaslos mit den Jusos Zollernalb oder anderen Gruppierungen jährlich so weiter? Machen es die Jusos alleine? Findet sich eine durchgängig queere Gruppe, die künftig den CSD auf der Alb in ihre Hand nimmt? Oder war es doch nur eine Eintagsfliege? Wir werden sehen. Für diesen ersten CSD im Zollernalbkreis kann ich allerdings sagen: wir haben ihn gefeiert und er war gut so.

1000 Dank an alle die mit dabei gewesen sind!

Herzlichst, Euer peter
(Vorsitzender der Jugendinitiative Immerwaslos e.V.)